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[Interview] Simon Steinberger von pixabay.com (CC0)

Viele Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen, sowie Medienpädagog_innen stehen häufig vor einem Problem:

Woher nehmen, wenn nicht stehlen kostenpflichtig erwerben?

Die Rede ist von Bildern, Videos oder Illustrationen – sei es für den Jahresbericht, Flyer oder eben medienpädagogische Projekte.

Eine Möglichkeit ist, auf die Suche nach CC0 ‚lizensierten‘ Materialien zu gehen. Was genau das ist und wo man solche findet, lest ihr hier – im Interview mit Simon Steinberger, einem der Gründer von pixabay.

Vorstellung

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B/G:  Zunächst einmal vielen Dank, dass Du dir Zeit nimmst für das kleine Interview.

Magst Du dich kurz vorstellen? Ihr betreibt die Plattform pixabay.com – eine Community für CC0 Material – seit 2010. Wie seid ihr auf die Idee gekommen eine solche Datenbank aufzubauen?

Simon Steinberger: Mein Name ist Simon Steinberger und ich bin – zusammen mit Hans Braxmeier – Gründer und Entwickler von Pixabay. Hans und ich haben bereits andere Projekte zuvor verwirklicht, darunter die Blogging-Plattform Pagewizz. Auf Pagewizz kann wer möchte eigene Artikel zu beliebigen Themen veröffentlichen. Dabei hatten wir das Problem, dass die Autoren häufig Bilder aus unerlaubten Quellen einsetzten, was immer wieder zu rechtlichen Problemen führte. Wir suchten daher nach einer zuverlässigen und sicheren Quelle für unsere Autoren, doch so etwas gab es damals noch nicht. Und so machten wir uns selbst ans Werk. Und was zunächst als Bilderquelle für unsere Pagewizz-Autoren gedacht war, entwickelte sich rasch weiter zu einem ganz eigenständigen Großprojekt.

Einführung (CC0):

B/G: CC0 – was bedeutet diese kryptische Abkürzung?

Simon Steinberger: CC0 ist eine von der Organisation „Creative Commons“ (CC) herausgegebene „Lizenz“ (bzw. Verzichtserklärung der Urheberrechte), mit der man als Urheber eine praktisch bedingungslos freie Nutzung der eigenen Werke erlaubt. Creative Commons ist vor allem bekannt für Lizenzen bei denen man den Namen des Urhebers nennen muss (CC-BY), wenn man ein entsprechend veröffentlichtes Bild nutzen möchte. Die „0“ in CC0 deutet an, dass keine solche Bedingung vorhanden ist.

B/G: Wieso ist diese Einschränkung auf CC0 sinnvoll?

Simon Steinberger: Im Gegensatz zu den meisten anderen Lizenzen, ist bei CC0 eine Quellenangabe freiwillig. Quellenangaben sind häufig komplexer als man denkt. Wenn man es ganz genau betrachtet, so stellt man fest, dass über 90% aller Quellenangaben im Netz Fehler enthalten. Dazu haben wir vor Kurzem einen Blog-Beitrag veröffentlicht. Bei CC0 besteht dieses Problem nicht, weswegen bei diesen Bildern die Gefahr einer Abmahnung durch den Urheber nicht gegeben ist.

B/G: Bei ZEIT Online habe ich schon Fotos gefunden, die von Euren Usern eingestellt wurden. Wie läuft das ab? Tritt der Verlag an Euch / den User heran und erwirbt die Rechte?

Simon Steinberger: Wie schon erwähnt, CC0 Bilder können frei verwendet werden. Es ist dabei nicht nötig um Erlaubnis zu fragen. Allerdings freuen sich die Bildautoren natürlich, wenn die Quelle angegeben wird oder wenn man auf eine so tolle Veröffentlichung hingewiesen wird.

B/G: Ich kann mit den Fotos/Videos/Illustrationen wirklich alles machen? Das muss doch einen Haken haben…

Simon Steinberger: Hinsichtlich dem Urheberrecht kann man mit den Bildern alles machen, außer sich selbst als Urheber auszugeben. Allerdings können gezeigte Inhalte dennoch geschützt sein. So kann man z.B. ein Foto einer Coca Cola-Flasche frei in einem Blog-Beitrag einsetzen, doch um so ein Bild kommerziell einzusetzen, z.B. für eine eigene Werbung, dann müsste man bei der Coca Cola Company um Genehmigung fragen. Genauso mit *erkennbaren* Personen: Die meisten Personen sind mit einer kommerziellen Nutzung einverstanden und das ist auch Teil unserer AGB. Dennoch kann es sinnvoll sein zuvor beim Bildautor nach Details zu fragen, insbesondere wenn das Bild etwa in einem Buch gedruckt wird, wo man es nicht einfach austauschen oder löschen kann.

Das Business:

B/G: Könnt Ihr Einblicke in Eure Datenbank gewähren? Wie viele Daten umfasst diese derzeit? Und wie viel Aufrufe generiert ihr täglich?

Simon Steinberger: In diesem Moment (01.12.2016) haben wir 3.562.485 angemeldete Nutzer und 846.624 zur Verfügung gestellte Bilder. Täglich wird Pixabay aktuell von etwas über 800.000 Menschen besucht, die dabei über fünf Millionen Seiten abrufen.

B/G: Verstanden. Womit genau macht Ihr denn dann Euer Geld? Es ist nicht schwer sich vorzustellen, dass die Massen an Daten irgendwie verwaltet, gehostet und am besten schnell ausgeliefert werden müssen.

Simon Steinberger: Um die Oberfläche von Pixabay so aufgeräumt wie möglich zu gestalten, bauen wir so wenig Werbung ein wie nötig ist, um das Projekt zu finanzieren. Dabei zeigen wir für nicht-angemeldete Nutzer in den Suchergebnissen oben und in den Seitenleisten teils Bilder von Shutterstock. Kauft jemand ein Bild auf Shutterstock, so erhalten wir eine Provision. Zusätzlich besteht die Möglichkeit uns einen Kaffee via PayPal zu senden; auch das leistet einen schönen Anteil an der Finanzierung – ohne aufdringliche Werbung.

Die gemieteten Server stehen in Nürnberg und werden von uns selbst verwaltet und gewartet. Das ist günstiger als der Einsatz von bekannten Großanbietern, wie etwa Amazon.

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B/G: Gab es schon rechtliche Auseinandersetzungen, weil bspw. ein Foto unerlaubterweise bei Euch hochgeladen wurde?

Simon Steinberger: So etwas kommt trotz manueller Prüfung aller hoch geladenen Inhalte immer wieder mal vor (wenn auch selten), doch bislang ließen sich alle Probleme ohne nennenswerten Schaden lösen. Letztlich verhalten wir uns auf Pixabay so vernünftig und gewissenhaft wie möglich, so dass wir auch jede Rechteverletzung erklären können.

Plädoyer für PD (Public Domain)

B/G: Kannst Du verraten was Ihr in Zukunft geplant habt?

Simon Steinberger: Uns macht das Projekt viel Spaß. Wir werden also weiterhin tüfteln und weiter daran entwickeln. Derzeit läuft die Testphase zu unserer Android/iOS Mobile App und der Start der Pixabay App wird sicherlich der nächste größere Schritt.

B/G: Wenn ich nun Werke in die PD freigebe – habe ich eine Chance dies wieder zurück zu ziehen?

Simon Steinberger: Rechtlich gesehen ist das nicht möglich. Man kann nicht zuerst die freie Nutzung erlauben – und sich dann nachträglich anders entscheiden. Das würde für die Nutzer keinen Sinn machen. Veröffentlicht man irrtümlich ein Bild, dann löschen wir dieses zügig, sofern es von nur wenigen Nutzern gesehen wurde.

B/G: Für viele Unternehmen im sozialen Sektor klingt das CC0-Modell natürlich sehr verlockend (für Flyer, Webseite, Jahresbericht…) und ist auch für Medienpädagog_innen eine Goldgrube. Worauf ist Deiner Meinung nach dennoch zu achten?

Simon Steinberger: Man sollte darauf achten, dass sich die Bildinhalte für die geplante Anwendung eignen. Z.B. sollte man vorsichtig sein, wenn erkennbare Personen oder auch bekannte Marken gezeigt sind. Hier sollte man sich beim Bildautor informieren, ob die Personen mit der entsprechenden Nutzung einverstanden sind. Das gilt vor allem für kommerzielle Anwendungen. Blog-Beiträge oder andere redaktionelle Zwecke sind da unproblematisch.

B/G: Weshalb sollten Menschen sich z.B. bei Eurem oder anderen CC0-Datenbanken/Projekten beteiligen? Wo bleibt da der Mehrwert für jeden Einzelnen?

Simon Steinberger: Im Grunde ist das wie mit der Wikipedia: Jeder trägt einen kleinen Teil dazu bei und wenn man selbst mal etwas braucht, dann steht einem eine tolle Auswahl an Inhalten zur Verfügung. Das war der Grundgedanke von Pixabay. Allerdings entwickelten sich ganz von selbst noch andere Anreize: Viele haben einfach Spaß am Feedback durch die aktive Community. Man erhält praktische Tipps zum Fotografieren und kann dadurch die eigenen Fähigkeiten verbessern. Andere wiederum nutzen Pixabay, um auf ihre eigenen Dienste in der Design-Branche hinzuweisen. Besonders aktive Bildautoren verdienen sich durch die Kaffee-Spenden auch ein beachtliches Taschengeld, doch diesen Punkt lassen wir bei Pixabay gezielt im Hintergrund. Das Thema „Geld verdienen“ zieht Menschen mit den „falschen“ Motiven an. Die Pixabay Community ist – so wie sie heute ist – etwas ganz Besonderes und das möchten wir auch gerne beibehalten.

B/G: Vielen Dank, dass Du dir Zeit für dieses Interview genommen hast.

Simon Steinberger: Gerne doch!


Zu dem rechtlichen Rahmen hier auch ein interessantes Video von WBS (Christian Solmecke):


Hinweis: irights.info bietet eine kleine Übersicht von CC0 Datenbanken ;)

Von Benedikt Geyer

Mein Name ist Benedikt Geyer. Auf meiner Seite verblogge ich Interessantes rund um die Soziale Arbeit & neuere Medien und deren gegenseitige Wechselwirkung.